Ich bin aufgeregt. Im Rahmen eines Naturschutzprojektes unterstütze ich eine Arbeitskollegin bei einem Workshop in Kasane in Botswana. Meine Kollegin hat bereits gebucht und fliegt kurz vor mir über München und Johannesburg direkt nach Kasane, dem Tor zum Chobe Nationalpark. Für mich ist der Flug zu teuer: Ich fliege über München und Johannesburg nach Livingston in Sambia und fahre mit Taxi und Fähre über den Sambesifluss nach Botswana. Dort wird meine Kollegin von unserer Unterkunft aus, meine Abholung an der 20 km entfernten Grenze organisieren.
Ich bin das erste Mal in Afrika und bin gespannt wie die Kombination Flug, Taxi, Fähre und Hotelshuttle klappt. Es funktioniert einwandfrei. Sogar die Einreise nach Sambia und das Organisieren eines Taxis an die Grenze verläuft reibungslos. Ich verlasse Sambia mit der Autofähre über den Sambesi, hole mir mein Visum on Arrival, gehe durch das Tor an der Grenze und suche meinen Transfer. Das wars mit dem reibungslosen Reiseverlauf.
Das große Warten
Da ist nichts außerhalb der Grenzstation. Kein Mensch, kein Auto, kein Gebäude. Absolut gar nichts. Nur eine unendlich wirkende gerade Straße, die tiefer in die afrikanische Savanne führt. Es hat über 30°C, die Sonne brennt vom Himmel und ich überlege, was nun? Ich entdecke einen großen Mangobaum mit einer Sitzbank darunter, lege meinen rund 20 kg schweren Rucksack dorthin und versuche eine SMS zu schreiben, aber ich habe in Botswana keinen Empfang. Mir fällt das Sprichwort ein: „Die Europäer haben die Uhr, aber die Afrikaner haben die Zeit.“ Ich warte und denke mir, irgendwann kommt sicherlich jemand. Und warte, und warte.
Optionen?
Nach rund einer Stunde kommen mir langsam Zweifel, dass ich abgeholt werde und überlege mir alle Möglichkeiten durch: Zu Fuß bei der Hitze, mit Gepäck und einer hohen Raubtier- und Elefantendichte kommt wohl nicht in Frage. Gibt es einen öffentlichen Bus? Ich könnte auch ein Taxi anhalten. Gleich zu Beginn des Wartens habe ich eines gesehen, das einige Leute zur Grenze brachte. Einfach irgendein Auto anhalten und bitten mich mitzunehmen? Ich kenne das Land und die Kultur nicht, ich zweifle.
Da gesellt sich eine junge Frau aus Botswana zu mir unter den Mangobaum. Ich plaudere ein wenig mit ihr und finde raus: Es gibt Busse, aber keiner weiß, wie oft oder wann er fährt. Auch sie will nach Kasane. Ich werde mittlerweile weniger zimperlich in der Wahl meiner Verkehrsmittel. Ein Auto taucht am Horizont auf und kommt näher. Das erste seit einer halben Stunde: Es kommt näher, eine rostiger alter Opel mit Stufenheck aus Deutschland mit vier jungen Männern hält. Drei steigen aus. Sie wirken ein wenig „dubios“. Mir ist es egal, ich frage mal, ob er uns mitnehmen könnte. Die junge Frau scheint wenig begeistert, auch die Antwort und der Typ verunsichern mich. Wir lassen es sein und setzen uns wieder unter den Mangobaum.
Ein Ausweg
Eine weitere halbe Stunde später taucht ein Taxi auf, ein richtiges Taxi. Die junge Frau und ich teilen uns die Kosten und erreichen 5 Minuten später, aber rund 3 Stunden zu spät, Kasane. Ich checke glücklich ein, dusche und will mit meiner Kollegin ein Hühnchen rupfen, weil sie mich vergessen hat. Sie ist nicht da. Gar nicht da. Das Hotel erzählt mir, dass sie ihren Anschlussflug in Johannesburg verpasst hat und frühestens am darauffolgenden Tag kommt. Das erklärt alles.
Ich bin wieder versöhnt, gehe duschen, schreibe 2-3 Emails, organisiere mir ein Abendessen. Für den nächsten Tag habe ich mir einen Morning Game Drive in den Chobe Nationalpark organisiert. Was sollte ich denn sonst machen, bevor meine Kollegin kommt.
Ein toller und unvergesslicher erster Tag in Afrika. Irgendwie mag ich es.