Nach einer intensiven Arbeitswoche im der geschäftigen Stadt Addis freuen wir – mein Chef und ich – uns, dass wir endlich ins richtige Äthiopien kommen. An einem Sonntag Anfang November 2018 ist es soweit. Mit unseren Kollegen der äthiopischen Wildtierbehörde EWCA haben wir abgemacht, dass wir uns um 9 Uhr vor dem Gebäude treffen. Wir zahlen rasch das Hotel und organisieren uns ein Taxi. Er will 50 US-Dollar. Wir lachen und handeln 200 Birr (6,7 €), den gängigen Preis aus. Kurz vor Ankunft bekomme ich einen Anruf: Unser Fahrer wartet vor dem Hotel auf uns. Da sind wir wohl einem Missverständnis aufgesessen. Wir warten vor dem EWCA-Gebäude und kurz darauf werden wir abgeholt und es geht los.
Schritt für Schritt raus
Langsam lassen wir Addis hinter uns. Die Bebauung wird dünner, Teff-Felder (eine Getreideart, die für das äthiopische Grundnahrungsmittel Injera benötigt wird) erstrecken sich zu beiden Seiten. Rund 250 Kilometer liegen vor uns. Die Straße ist zuerst gut ausgebaut, wird aber rasch enger. Wir teilen uns die Straße mit unzähligen LKWs, die diese Hauptverbindung zwischen Addis und dem Haupthafen in Dschibuti benutzen. Äthiopien ist seit der Unabhängigkeit Eritreas ein Binnenland. Offenbar ist die Strecke recht gefährlich: Alle 20-30 km sehen wir vollkommen zerstörte Fahrzeuge von schweren LKW Unfällen. Trümmer liegen auf den Straßen und es gibt kurze Umleitungen. Wir fahren weiter Richtung Rift Valley und dem Tiefland der Afar-Region. In gleichem Maße wie die Höhenlage sinkt, steigt die Temperatur. Nach einem Start auf 2400 Metern Seehöhe und 10°C in Addis, erreichen wir nach einer netten Kaffeepause nach 4 Stunden die Stadt Awash auf rund 800 Metern Seehöhe. Es hat etwa 30-35°C.
Wie kommen wir in den Awash National Park?
Wir wollen den Sonntag auf jeden Fall nutzen, um uns über den angrenzenden Awash Nationalpark einen Überblick zu verschaffen. Unsere Begleiter sind nicht sehr motiviert. Sie verschwinden rasch nach Ankunft und lassen uns im Unklaren. Anbieter gibt es keine. Eine Permit (Erlaubnis) braucht man auch genauso wie einen Ranger/Scout, der uns im Auto begleitet. Allein dies ist am Sonntag schon schwierig. Wir bestehen aber darauf und diskutieren mit unserem Fahrer und unserem Hauptansprechpartner Gebeyew. Plötzlich geht es schnell. Der Chief Warden (Direktor) wird angerufen, die Permit ist geregelt. Ein Scout wird organisiert und unser Fahrer ist auch wieder da. Los geht’s schlussendlich gegen 16:00. Wir haben nicht mehr damit gerechnet.
Awash Nationalpark hautnah: Kühe und Oryx-Antilopen
Der rund 500km² große Awash Nationalpark ist ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge ab Addis. Obwohl er als eines der wichtigsten Refugien für die berühmte Oryx-Antilope gilt, die auch im Logo der EWCA und der Ethiopian Airlines abgebildet ist, steht das Management vor großen Herausforderungen. Die Bewohner der umliegenden Dörfer brauchen Weideland für ihr Vieh und der Nationalpark hat hiervon sehr viel. Dadurch verdrängen die Viehherden zunehmend die Wildtiere des Parks: Geparden, Löwen oder Wildhunde sind bereits fast verschwunden und der Antilopenbestand sinkt rapide. Große Flächen sind vollkommen überweidet, an vielen Stellen ist blanker Erdboden sichtbar. Der Druck auf den Park ist offensichtlich sehr hoch und die Ranger können hier nur sehr begrenzt etwas dagegen tun. Es ist eine sehr schwierige Situation: Wie soll ein Bauer akzeptieren, dass sein Vieh verhungern soll, damit die Antilopen ausreichend zu fressen haben. Gleichzeitig trägt Äthiopien aber auch die Verantwortung, seine unglaubliche Biodiversität zu sichern.
Endlich unterwegs
Wir sind diesmal aber als Touristen unterwegs. Zusammen mit einem bewaffneten Nationalparkranger fahren wir am späten Nachmittag quer durch die Graslandsavanne auf der Suche nach Wildtieren (Game Drive). Gleich zu Beginn springen drei Dik-Diks (Miniantilopen) über die Straße. Neben unzähligen Viehherden spüren wir rasch einzelne Oryx-Antilopen auf. Wunderschöne Tiere! Ich wollte schon immer welche sehen, hatte aber noch nie Glück. Sie grasen in der untergehenden Sonne, sind aber sehr scheu. Zwischendurch springen Gazellen umher. Gemeinsam mit dem Ranger nähern wir uns zu Fuß den Tieren. Sich zu Fuß durch die Savanne zu bewegen ist ein einzigartiges Gefühl. Man dringt in eine fremde Welt ein, vielmehr als wenn man die Tiere nur vom Auto aus beobachtet. Zum Abschluss fahren wir noch zu den Awash Falls, spektakuläre Wasserfälle, die wir gerade richtig zum Sonnenuntergang erwischen. Wir beobachten noch kurz die Krokodile, die am Fuße des Wasserfalls im Wasser den Fischen, die über den Wasserfall runterkommen auflauern. Kurz nach Sonnenuntergang geht es wieder zurück ins Hotel nach Awash Town. Ein gelungener Nachmittag.