Wofür sind die Philippinen bekannt? Genau, für eine atemberaubende Unterwasserwelt, ein Leben am und im Meer und natürlich gilt das Land als einer der Biodiversitätshotspots der Welt (vor allem Unterwasser). Dies ist mitunter der Grund, warum wir in diesem faszinierenden Land landen. Wir planen endlich unseren langjährigen Traum vom Tauchen zu verwirklichen und einen Tauchkurs zu absolvieren.
Schnorcheln ist nicht genug
In den letzten Jahren waren wir bereits an einigen der berühmtesten Tauch- und Schnorchelplätzen Asiens und Lateinamerikas unterwegs. Aber immer nur mit Schnorchel, Brille und Flossen. Obwohl es beeindruckend ist, blickt man immer nach unten. Das reicht uns auf Dauer nicht. Wir wollen mitten drin sein. Also wollen wir einen Tauchkurs machen.
Bereits bevor wir genau wissen, wann und wie wir tauchen gehen, entscheiden wir uns: Es wird im Mai 2019 auf der Insel Siquijor passieren. Hier gibt es viele Tauchschulen, tolle Tauchspots und die Insel soll ganz allgemein ein Traum sein. Also buchen wir ein paar Nächte im Guesthouse einer Tauchschule. Die Tauchschule soll einen ganz guten Ruf genießen und der Tauchkurs auf Deutsch stattfinden.
Die Entscheidung: Schicksalsgöttin AC
Locker-flockig geht es uns leicht von der Zunge „Wir gehen tauchen“. Solange es bei der theoretischen Vorstellung bleibt, elegant und schwerelos durch Korallenriffe zu gleiten, ganz entspannt die Meereswelt zu genießen, ist es unglaublich toll. Sobald wir aber beginnen genauer darüber nachzudenken, wird es komplexer. Man taucht unter. Wasserdruck lastet auf dem Körper. Tauchunfälle passieren. Was wenn die Technik versagt? Die Technik scheint kompliziert. Zweifel tauchen auf. Wir diskutieren. Zweifeln. Was wenn? Wo ist die nächste Dekompressionskammer im Fall der Fälle? Kann auf den Philippinen überhaupt jemand damit umgehen?
Wir entscheiden uns: Wir werden es überleben wie so viele zuvor. Wir machen das einfach und melden uns für den Tauchkurs (PADI Open Water) an.
Kurz bevor es losgeht schlägt das Schicksal in Form unser Klimaanlage (AC-Air Condition) zu. Sie lässt sich kaum regulieren und wir kassieren in der Nacht vor dem Tauchkurs unsere erste richtige starke Verkühlung auf unserer Reise. Vicky erwischt es noch schlimmer als mich. Vicky hat sich so stark verkühlt, dass wir gezwungen sind ihre Teilnahme abzusagen. Ich stehe nun alleine da – ohne Buddy. Ich lasse mich aber nicht unterkriegen: Ich will den Schein. Auch wenn eine meiner Nebenhöhlen leichte Zweifel anmeldet.
Tag 1: Es geht los
Bevor es losgeht, frühstücken Vicky und ich noch gemeinsam. Quasi das letzte Abendmahl. Die Nervosität steigt nun doch etwas. Hoffentlich funktioniert der Druckausgleich. Vicky beruhigt mich. Bitte lass mich kein Barotrauma kassieren. Ich will in keine philippinische Dekompressionskammer. Aber zurück in die Realität.
Gemeinsam mit Steven meinem deutschen Tauchlehrer stellen wir meine erste Tauchausrüstung zusammen: Wetsuit, Brille, Tarierjacket, Schnorchel, Flossen, Flossenpatschen, Bleigürtel und Gewichte und meine Lebensversicherung: Mein Atemregler. Ich bin zufrieden, hatte ich doch in der Nacht zuvor schon im knapp 250 Seiten starken Theoriewerk geschmökert. Ich fühle mich gerüstet für meine erste Einheit. Das Erlernen der überlebenswichtigen Grundtechniken, damit ich im offenen Meer nicht nur lebendig ab- sondern auch wieder unversehrt auftauche.
Der erste Atemzug
Am ersten Tag stehen rund 3-4 Stunden Pooleinheit an. Ich bin der einzige Tauchschüler. Steven hat eine ganze Liste von verpflichtenden Übungen, die so lange geübt werden bis ich sie beherrsche. Ein kompetenzorientierter Lernansatz also. Nach einer kurzen theoretischen Einführung (10 min) geht’s gleich in die Praxis: Runter auf 3 Meter im Pool. Unter Wasser geht es weiter. Die Übungen sind absolut unspassig: Brille abnehmen, mit offenen Augen eine Runde im Salzwasserpool tauchen, wieder aufsetzen, ausblasen. Und ja nicht das Atmen vergessen. Die Augen brennen. Es geht weiter: Tarierjacket aus- und anziehen, Bleigürtel ab- und anlegen, aus dem Notfallregler (Octopus) atmen, gemeinsam ab- und aufsteigen. Die Zeit vergeht rasch – da ich aber der einzige Tauchschüler bin, kommen wir gut voran.
Poolputzen in Perfektion
Zu guter Letzt geht es um die Tarierung (Schweben im Wasser). Dabei wird die Menge an Luft in der Lunge so reguliert, dass man durch die Atmung schwerelos im Wasser schwebt. In der Theorie. Es klappt nicht so ganz: Ich steige auf, sinke auf den Boden, drehe mich. Ein paar Mal funktioniert es, oft nicht. Steven ist nicht zufrieden. Also gibt er mir den Poolbesen in die Hand und sagt: „Knapp über dem Grund schweben und den Grund des Poolbeckens aufkehren.“ Er steigt aus dem Wasser und lässt mich allein. Ich kehre vor mich hin, die Tarierung wird besser – und der Pool sauberer. Als der Pool weitgehend sauber ist, ist auch Steven zufrieden. Nun bin ich bereit für die Weiten des Ozeans.
Nächtliche Zweifel
Die erste Zuversicht weicht. In der Nacht werde ich immer wieder wach, ich teste meine leicht verstopfte Nase. Verdammt. Nasenspray darf ich nicht nehmen. Ich hoffe, es geht trotzdem. Die gesundheitlichen Bedenken wie im Handbuch detailliert ausgeführt tauchen wieder auf und werden in Gedanken Realität. Ich bin aufgeregt und hoffe, dass meine Nase wieder frei wird.
Tag 2: Aufs Meer
Dann ist es soweit, Tag 2 startet. Die Nase ist frei. Offensichtlich hat die Psyche hier zusätzlich mitgespielt. Zum Glück. Wir packen unsere Tauchausrüstung. Vicky kommt mit: Die Korallenriffe vor Siquijor lassen sich ja auch per Schnorchel super erforschen. Mit dem kleinen Boot der Tauchschule brechen wir auf. Die Sonne scheint, es wird ein schöner Tag. Das Wasser ist glasklar und wir können bereits vom Boot aus die Korallenriffe im türkisblauen Wasser erkennen. Und dann geht es ganz schnell: Wir kommen am ersten Tauchplatz nahe der Bucht Sawang an. Hier werde ich also das erste Mal abtauchen.
Abtauchen: Es geht runter
Ich lege die Ausrüstung an, Steven checkt nochmal, ob alles passt und schon geht es los. Keine Zeit zum Nachdenken. Ich tauche ab und verabschiede mich vom oben. Nun bin ich bei den Fischen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Unter Wasser atmen ohne den Stress beim Schnorcheln. Ich liebe es jetzt schon. Aber ich bin ja nicht zum Spass hier: Wir haben ein Programm zu absolvieren und ich muss die gleichen unspaßigen Übungen im offenen Meer wiederholen, nur in 4-5 Metern Tiefe im Salzwasser. Nicht lustig. Und es ist deutlich schwieriger als im Pool, wenn spannende Fische vorbei schwimmen und scharfkantige Korallen den Grund bedecken. Ich schlucke Salzwasser, wir müssen mehrmals nach oben, aber nach einer halben Flaschenfüllung sind wir durch. Nun kommt die Praxis. Der Spaß. Wird auch Zeit!
Genuß mit Vorbehalt
Wir tauchen los und verlassen den Übungsplatz. Eine neue Welt eröffnet sich und begeistert mich. Bunte Korallen, eine hohe Fischvielfalt und da: Erste Meeresschildkröten! Ich bin hin und weg. Der Druckausgleich funktioniert zum Glück, wir tauchen weiter. Ich blicke auf mein Finimeter: Schon auf 14 Metern Tiefe. Das ging aber schnell. Kurz kommt bei dem Gedanken an die auf mir lastenden Wassermassen Panik auf, vergeht aber rasch wieder. Eine Seeschlange gleitet vorbei. Ich fange an, das Erlebnis zu genießen. Als der Luftvorrat zu Ende geht, tauchen wir langsam auf. Plötzlich habe ich das Gefühl nach oben zu treiben, ich will gegensteuern, fange zu paddeln an und schwupp, innerhalb kürzester Zeit durchbreche ich die Wasseroberfläche. Verdammt! Hoffentlich muss ich jetzt nicht in die Dekompressionskammer. Rasch steige ich wieder ab, merke aber, dass wir zum Glück nur noch auf 6 Metern Tiefe waren.
18 Meter jetzt schon?
Vor dem 2. Tauchgang am Nachmittag gibt ein gemeinsames Mittagessen am Boot. Wir relaxen in der Sonne und ich erzähle Vicky von meinen Erfahrungen. Auch sie war sehr erleichtert, dass ich gesund wieder aufgetaucht bin. Ich entspanne mich ein wenig und wir schippern gemütlich Richtung 2. Tauchplatz. Dort schnorcheln Vicky und ich gemeinsam eine kleine Runde bevor es wieder losgeht.
Ich fühle mich bereits etwas routinierter. Das zweite Korallenriff ist noch beeindruckender, wir gleiten die Riffkante entlang, immer tiefer. Ich blicke auf mein Finimeter: „18m – jetzt schon?“ Ich bin überrascht wie schnell und problemlos das ging. Dies ist auch die maximale Tiefe bis zu der ich mit meinem Tauchschein dann absteigen darf. Hier kommt der nächste Schreckmoment: In dieser Tiefe verbraucht man seine Atemluft rasend schnell – ein nächster Blick auf mein Finimeter sagt mir: Auf nach oben! Steven ist vor mir, ich mache ihm deutlich, dass es wohl eng wird (aus meiner Sicht allerdings enger als aus seiner). Wir steigen langsam hoch. Ich bin begeistert. Alles lief perfekt.
Wir tauchen auf und fahren heimwärts. Ich bin hundemüde und merke wie anstrengend Tauchen eigentlich ist, freue mich aber, dass morgen noch zwei Tauchgänge in diesem genialen Tauchrevier anstehen. Steven ist ein sehr entspannter Tauchlehrer, als ich ihn aber frage, ob es noch passt, wenn ich mit dem Buch noch nicht ganz durch bin, merkt er aber ernsthaft an: „Da solltest du aber möglichst rasch durchkommen.“ Da ist es mit meiner Entspanntheit vorbei. Ich lerne bis tief in die Nacht.
Tag 3: Das Finale!
Am letzten Tag bleibt Vicky zuhause. Für meine letzten 2 Tauchgänge stößt an diesem Tag ein chinesischer Clan dazu. Mein Tauchbuddy ist ein schmächtiger chinesischer Pianist, der in Frankreich lebt und mit seiner ganzen Familie bis zum Opa auf Familienurlaub ist. Für seine Mutter ist es der erste Kontakt mit dem Meer. Opa und Papa fischen. Die Schwester und ihr Mann schnorcheln als ob es kein Morgen gebe. Und ich steige gemeinsam mit Steven und dem Pianisten in die Tiefe. Heute ist es nur noch purer Spass und ich kann die Unterwasserwelt entspannt genießen. Eine Belohnung für den psychischen Stress der letzten Tage. Als Krönung gelingt Steven noch ein toller Shot als wir einer Schildkröte nachtauchen. Eine geniale Erinnerung an meine Tauchgänge und der Abschluss eines wundervollen Tages.
Tag 4: Der letzte Akt- die Prüfung
Der Tauchschein (in meinem Fall der PADI Open Water), der mich zum Gerätetauchen bis 18 Metern befähigt, inkludiert neben dem kompetenzorientierten Praxisübungen auch einen größeren theoretischen Teil. Genauer gesagt 248 Seiten und knappe 4 Stunden Lehrvideo. Jetzt nur nicht durchfallen. 60 Fragen bis zum Schein. Endlich – nach dem Frühstück – ist es am 4. Tag frühmorgens soweit. Ich starte gemütlich im Poolbereich los. Es ist einfacher als gedacht und ich bin bald fertig. Während Steven sich einen Kaffee runterlässt, kontrolliert er meine Antworten: 59 von 60 richtig! Tauchkurs geschafft! Ich bin nun Taucher! Ein besonderer Tag!
Ein paar Formalitäten noch, Steven trägt noch meine Tauchgänge in mein neues Logbuch ein, ein Fotoshooting für meinen Ausweis und schon halte ich mein provisorisches Brevet in meinen Händen.
Mein Fazit
Ich mache im Mai 2019 meinen PADI Open Water Tauchkurs in der deutsch geführten Tauchschule Apodiver auf Siquijor. Ich bin begeistert. Ein PADI Open Water Tauchkurs ist für einen gesunden Menschen absolut im Rahmen des Machbaren, jedoch ist neben der körperlichen die psychische Komponente nicht zu unterschätzen. Der Zeitaufwand für Prüfung, Übungen und Lernen war höher als gedacht. Insbesonders da ich unterschätzt habe, wie müde man nach zwei Tauchgängen ist.
Im Rahmen des dreitägigen Tauchkurses tauchen und schnorcheln wir an verschiedenen Korallenriffen zwischen San Juan und Lazi an der Südwestküste Siquijors. Die Korallenriffe hier sind noch weitgehend intakt und der Tauchtourismus ist erst im Entstehen. Auch als Anfänger ist es genial: Geringe Strömungen, atemberaubende Biodiversität, klares Wasser und wenig andere Taucher führen einem sofort vor Augen, was Tauchen ausmacht. Bis auf die Pooleinheit hatte es dadurch auch keinen Unterrichtscharakter.
Ich kann die Philippinen bzw. Siquijor uneingeschränkt für einen Tauchkurs empfehlen, habe aber auch bei der Auswahl der Tauchschule besonderen Wert auf Qualität, eine offizielle PADI Zertifizierung sowie einen deutschsprachigen Tauchlehrer gelegt. Auf Siquijor gibt es mit Stand 2019 über 10 Tauchschulen, die Tauchkurse und Tauchtrips in verschiedenen Sprachen anbieten. Günstiger als in Europa ist es allerdings nicht wirklich.
4 Kommentare
Tauchen in den Tiefen des Meeres ist nicht ganz ohne, es freut mich wenn du ein tolles Taucherlebnis hattest, aber lieber ist es mir, wenn du heroben bist. Aber Gratulation zum Tauchschein!!
Vielen Dank! Tauchen macht echt Spass, wenn man sich mal überwunden hat.
Hi Mike, würde mich freuen, wenn wir uns einmal gemeinsam auf einen Tauchgang in Kroatien begeben. Ist schon viel zu lange her, dass wir etwas unternommen haben :-).
Manni
Hi Manni,
das wär auf jeden Fall was! Klingt nach Kurzurlaub!